Vorwort der WSSCC: Ausgangspunkt müssen die Menschen sein
Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) sind gerade einmal zwei Jahre alt und bereits jetzt sehen wir unglaubliche Fortschritte auf dem Weg zur Agenda 2030. Auf der ganzen Welt entwickeln Länder auf nationaler Ebene Pläne, um die SDGs umzusetzen und tauschen sich über ihre Erfolge und gewonnene Erkenntnisse aus. Dieser kollektive Geist kann die Welt verändern. Es bilden sich Partnerschaften zwischen Regierungen, internationalen Organisationen, dem privaten Sektor, Wissenschaft und Forschung und der Zivilgesellschaft - und es scheint eine einheitliche Botschaft zu geben: Nur gemeinsam können wir es schaffen. Aktivisten, Studenten, Influencer und Bürger arbeiten zusammen, engagieren sich in Kampagnen und ergreifen das Wort, um über Probleme zu sprechen, die ihnen wichtig sind; es geht dabei um Gesundheit, Bildung, die Gleichstellung der Geschlechter, Klimawandel und Frieden, um nur einige der Themen zu nennen. Überall gibt es gemeinsame Aktionen.
Wir sehen Fortschritte, aber es gibt auch noch eine Menge zu tun. SDG 6 (zu Wasser und Sanitärversorgung) ist einer dieser Bereiche. 4,5 Milliarden Menschen müssen weltweit immer noch mit einer unzureichenden Sanitärversorgung leben und schlechte Hygienegewohnheiten haben verheerende Auswirkungen auf die persönliche Gesundheit und das Wohlbefinden des Einzelnen. Menschen leiden immer noch an Unterernährung und Kinder sterben. Man fürchtet sich vor Krankheitsausbrüchen.
Besonders betroffen sind Frauen, Mädchen und Menschen in besonders schutzlosen Situationen (SDG 6.2). Stellen Sie sich ein junges Mädchen vor, das mit 12 Jahren zum ersten Mal menstruiert. Die Periode kommt für sie völlig unvorbereitet, denn, entgegen gängiger Vorstellungen, werden in vielen Ländern weniger als die Hälfte der Mädchen vor der ersten Periode von ihren Müttern darüber aufgeklärt. Den geschlechtsspezifischen Gesellschaftsnormen ihres Kulturkreises zufolge ist sie nun unrein und darf an bestimmten sozialen Zusammenkünften nicht teilnehmen; sie sollte demnach nichts essen oder darf bestimmte Lebensmittel nicht berühren; sie darf nicht kochen oder in der Küche helfen oder sollte für eine Woche nicht baden, weil der Irrglaube herrscht, es bestünde ein höheres Risiko, unfruchtbar zu werden, wenn Frauen sich während der Menstruation waschen. Stellen Sie sich eine ältere Frau vor, die auf einem ländlichen Markt ihr Gemüse verkauft. Um Geld zu verdienen, steht sie jeden Tag von morgens bis abends hinter ihrem Stand. Und auf dem Markt gibt es keinerlei sanitäre Einrichtungen, keine Toiletten. Manchmal trinkt sie trotz der Hitze kein Wasser, damit sie nicht auf die Toilette gehen muss.
Wir können nicht darüber sprechen, Politik und Praxis zu verändern, ohne immer auch an die Menschen zu denken. Ohne sie zu den Problemen zu befragen. Ohne ihre Bedürfnisse zu verstehen und ohne die vorherrschenden Überzeugungen und Praktiken zu kennen. Die Agenda 2030 fordert uns alle zu einer neuen Art des Denkens, des Handelns und der Zusammenarbeit auf. 2014 sind der Water Supply and Sanitation Collaborative Council (WSSCC) und Essity eine Partnerschaft eingegangen, um genau dies zu tun. Hygiene und Gesundheit zu einem Gesprächsthema zu machen, bedeutet, Themen, die lange vergessen wurden, oder Tabu-Themen mehr Bedeutung einzuräumen; das eröffnet Möglichkeiten für Veränderungen, die bei Weitem nicht nur den Einzelnen betreffen, sondern die Gesellschaft als Ganzes. Hygiene ist nur der Anfang.