Das Einbeziehen der Betroffenen bringt Vorteile bei der Kontinenzpflege

Wenn wir Patienten als Experten und auf Augenhöhe mit medizinischem Fachpersonal sehen, können wir eine Kontinenzpflege entwickeln, die den Bedürfnissen des Einzelnen besser entspricht. Hierzu sind nach Meinung von Helle Wijk, Dozent und stellvertretender Leiter des Zentrums für individuelle Pflege der Universität Göteborg in Schweden, radikales Umdenken und eine Änderung der Machtverhältnisse im Gesundheitswesen erforderlich.

– Individuelle Pflege ist kein Modell oder eine schnelle Lösung, sondern vielmehr ein zwischenmenschlicher Ansatz. Es geht darum, den Patienten als Person mit einer Lebensgeschichte zu sehen und nicht als eine Ansammlung von Symptomen und Diagnosen. Natürlich stand der Patient immer im Mittelpunkt der Krankenpflege, aber bei diesem Ansatz geht es darum, den Patienten als gleichgestellten Partner zu sehen, so Helle Wijk.

Bei der individuellen Pflege gibt es einige Prinzipien. An erster Stelle steht, dem Patienten zuzuhören, wie er seine Situation und Pflegebedürfnisse einschätzt. Ein zweiter Schritt wäre, dem Patienten und eventuell auch seiner Familie vorzuschlagen, gemeinsam einen Plan zur Krankenpflege zu erstellen, bei dem der Patient genau so viel zu sagen hat wie der Arzt.

Den Patienten als Individuum mit einer Lebensgeschichte zu sehen, kann zu sehr kreativen Lösungen führen.

– In einem Fall litt ein älterer Herr an nächtlicher Inkontinenz. Das Pflegepersonal erfuhr, dass der Mann sein ganzes Leben lang als Landwirt tätig war und seine Verwandten seine einzigen Ansprechpartner waren. Seine Inkontinenz trat regelmäßig gegen 5.00 Uhr morgens auf, dem Zeitpunkt, zu dem er früher immer aufwachte. Durch Anpassen der Routine, konnten Inkontinenzvorfälle verhindert werden.

Ein wichtiger Punkt zur Einführung individueller Pflege ist es, bei Richtlinien und Anleitungen Patientenbeteiligung einzufordern und ihr oberste Priorität einzuräumen.

Mehr über die Inkontinenzerkrankung von Patienten zu erfahren kann führen zu

61 %
weniger Inkontinenz

59 Stunden
Effizienzgewinn pro Jahr pro Patient

56 kg
weniger durch Verwendung von Inkontinenzprodukten erzeugtem Müll pro Jahr pro Patient45

– Es braucht Zeit, den Lebensgeschichten der Patienten zuzuhören, aber Studien zeigen, dass es letzten Endes sogar Zeit spart und die Pflege verbessert, so Helle Wijk.

Patienten, medizinischem Fachpersonal und anderen in der Kontinenzpflege Tätigen zuhören – das ist die Grundlage für die Entwicklung von Innovationen und Produkten von Essity.

– Das traditionelle Innovationsmodell konzentriert sich meist darauf, Probleme zu lösen, ohne die tatsächlichen Bedürfnisse des Einzelnen und die Gründe hierfür zu verstehen. Jedes Bedürfnis hat eine Ursache, und wenn die einmal gefunden ist, kann man die Angelegenheit wirklich verstehen, meint Joshua Carney, Technical Innovation Manager von Essity.

Es ist häufig ein langwieriger und schwieriger Prozess, die Bedürfnisse von Patienten und denjenigen, die sie pflegen, wirklich zu verstehen. Es sind viele Gespräche nötig, Nutzerstudien müssen durchgeführt und die Betroffen im Alltag begleitet werden, bis man damit beginnen kann, die Ursachen zu identifizieren und neue Konzepte zu entwerfen.

Ein Forschungsvorhaben resultierte in einem digitalen Tool zum Messen von Entleerungsmustern bei Inkontinenzpatienten. Digitale Lösungen können aufzeichnen, wann Inkontinenz auftritt, um die individuellen Bedürfnisse des Patienten zu verstehen. Mit dem Gerät können Betroffene ihre Toilettengänge optimieren und die passenden Produkte wählen. Dies fördert die Gesundheit der Patienten, trägt dazu bei, dass das Personal von Pflegeeinrichtungen effizienter arbeiten kann, und reduziert den durch Inkontinenzprodukte hervorgerufenen Müll.

– Die digitalen Lösungen waren zum Beispiel bei einer älteren Frau sehr hilfreich, die aufgrund von Schlafstörungen an Erschöpfung litt, was zu Appetitlosigkeit und Energieverlust führte. Nachts wurde sie geweckt, um entweder die Toilette aufzusuchen oder das Inkontinenzprodukt zu wechseln, und hatte anschließend Schwierigkeiten, wieder einzuschlafen. Am nächsten Tag war sie wieder müde, hatte keinen Appetit und ging früh zu Bett. Durch die digitalen Lösungen konnte das Pflegepersonal ihre Bedürfnisse besser verstehen und die Hygieneroutinen so ändern, dass ihr Schlaf nicht mehr gestört wurde, was ihr Wohlbefinden wesentlich verbesserte. Eine einfache Änderung ihrer Hygieneroutinen hatte ihre Lebensqualität wesentlich verbessert, so Joshua Carney.

Demnach können digitale Lösungen die Lebensgeschichte von Patienten ergänzen. Das kann auch viel durch die Kombination von digitalen Lösungen erreicht werden, deren Ergebnisse miteinander verknüpft werden.

– Heutzutage sind verschiedene Akteure in verschiedenen Pflegebereichen tätig, arbeiten jedoch selten zusammen. Wenn die verschiedenen Aspekte der Pflege verknüpft werden, können wir unser Verständnis verbessern und bessere Lösungen finden. Man könnte zum Beispiel die Informationen über Medikamenteneinnahme mit Inkontinenzdaten verknüpfen, um Muster zu erkennen. Das würde dem Personal die Möglichkeit geben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Patientenpflege, meint Joshua Carney.